„China ist omnipräsent. Aus kaum einem Lebensbereich ist das Reich der Mitte jetzt noch wegzudenken. Konfuzianische Lebensweisheiten, Chinesische Küche, Kung Fu und selbst die atemberaubende Akrobatik flankieren den Siegeszug der chinesischer Kultur, während die Chinesen nicht mehr von der weltpolitischen Bühne wegzudenken sind und ihre wirtschaftliche Präsenz eindrucksvoller denn je ist. Vorreiter, Wegbegleiter und sogar Motor dieser friedlichen kulturellen Expansion waren die chinesischen Emigranten. In den vergangenen 250 Jahren ließen sie sich überall auf dem Globus nieder und gründeten in den Metropolen ihre eigenen Stadtviertel, hinlänglich als Chinatown bekannt“, mit diesen Worten leitet eine Stimme aus dem „Off“ den Beginn der Show des Chinesischen Nationalcircus ein.
Genau diese weltweiten Chinatowns hat sich der Chinesische Nationalcircus nun für die aktuelle Tour „Chinatown“ zum Thema gemacht und nimmt die Zuschauer auf seine ganz spezielle Weise mit in diese Enklaven chinesischen Lebens. Dass es weder in Chinatown noch in einer Zirkusarena langweilig und leise zugeht, zeigen die Artisten den Besuchern der Halle Münsterland zwei Stunden lang durch kraftstrotzende Körperbeherrschung und rasend schnelle Reflexe, gepaart mit schrägem Slapstick, der an „Dick und Doof“ erinnert. Dadurch sorgen sie für viele offene Münder und erstaunte Gesichter in den Reihen des Publikums, allerdings gibt es jemanden in der ersten Reihe, der ganz cool bleibt.
Es ist der acht jährige Florian, der gemeinsam mit seiner Familie in der vordersten Reihe sitzt und alles ganz genau im Blick hat, bis die zwei in schwarze Anzüge gekleideten Clowns beschließen, ihn auf die Bühne zu holen. Plötzlich ist er mitten in Chinatown und soll nun den beiden modernen Clowns beim Anheben ihres Koffers helfen, der scheinbar nicht mehr anzuheben ist. Kurzzeitig ist Florian noch etwas zurückhaltend, aber dann zeigt er den beiden ganz schnell, dass bereits die kleinen Münsteraner richtig anpacken können und wird damit zum eigentlichen Star der witzigen Showeinlage, für die er einen riesigen Applaus der Zuschauer erntet, während er die verzweifelten Clowns alleine auf der Bühne zurück lässt.
Danach tummeln sich die 26 Artisten der Tianjin Acrobatic Troupe fast durchgehend auf der Bühne: Eine Dame scheint sich schwerelos im Vertikaltuch bewegen zu können. Die Anführerin einer Mädchen-Straßengang beginnt plötzlich, einen massiven Holztisch mit den Füßen zu jonglieren. Die Jungs werfen sich kurz darauf gegenseitig dutzende Hüte zu und zeigen, was man damit alles so anstellen kann, wenn man wirklich lange genug übt. Denn erst nach zehnjähriger Ausbildung in einer der über 1000 Zirkusschulen in China erlangt der Artist seine Bühnenreife. Fliegende Motorsägen oder grölende Motorräder gibt es hier nicht zu sehen und wer das erwartet, ist hier falsch. Was aber nicht heißen soll, dass die Artisten hier weniger gefordert werden: Viele sind fast durchweg auf der Bühne aktiv und verschwinden nur kurz, um sich neue, noch farbenprächtigere Kostüme anzuziehen. Auch würde der erwähnte Holztisch wohl einen ziemlichen Schaden anrichten, geriete er mal so richtig außer Kontrolle – genau wie die schweren Vasen, die sich die Artisten später punktgenau auf die Köpfe werfen. Untermalt wird das alles von einem stimmungsvollen Musikmix, bei dem sich alte und neue chinesische Klänge mit hartem Techno und Hip-Hop vermischen.
Leider endet das aktuelle Programm, bei dem die Verbindung und Vermischung der eigenen mit einer fremden Kultur in den sogenannten “Chinatowns” durch den Circus neu interpretiert wird, schon am 13. Juni. Die nächsten Tour-Termine und weitere Infos sind auf der Webseite vom Chinesischen Nationalcircus einzusehen.
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