Unser Gastautor Marius Münster ist schonmal begeistert von den 14 neuen Songs von Friedel Geratsch. Auf dem Album, das heute erscheint, sind auch zahlreiche Sänger und Musiker aus Münster und dem Münsterland vertreten. Scrollt ruhig bis zum Ende runter, dort stellt Marius Münster dem Mastermind von „Geier Sturzflug“ und „Garage 3″ seine unvermeidlichen „Dr3i Fragen“.
Mit einem Triumph feinster musikalischer Handarbeit über oft technisch überfrachtete Hitfabrikate meldet sich nach Jahren selbstgewählter Medienabstinenz der Mann in der Öffentlichkeit zurück, der deutschlandweit besser bekannt ist als „Mister Bruttosozialprodukt“. Bereits 2017 begeisterte seine Band „Garage 3″ das münstersche Publikum beim X-4-tel-Fest mit diesem ungewöhnlichen Sound der selbst gebauten ein- bis viersaitigen Cigarbox-Gitarren. Zusammen mit seinem Bruder im Geiste Adi Hauke gibt es auf der neuen CD jetzt mal so richtig „Lustige Zeiten“ – ein Albumtitel, der in Zeiten aller möglichen pandemischen Seuchen sicher nicht vorrangig als Durchhalteparole gemeint ist.
Eröffnet wird der 14-Lieder-Reigen mit einem regelrechten Urknall des Bluesrocks: Der Titelsong „Lustige Zeiten“ überfällt unvorbereitete HörerInnen mit der Wucht einer Slideguitar-Salve wie aus einem Trommelrevolver. Und während bei einer solch vehementen Begrüßung einige noch nach Luft schnappen, beweist nicht erst die Refrainzeile, dass Friedels Reimkunst nichts von ihrer bewährten ironischen Ein- bis Zweideutigkeit verloren hat: „Da kommen lustige Zeiten auf uns zu/ Und kotzen uns auf die Schuh!“ Für den Rezensenten ist ein weiterer Höhepunkt des Albums der Song „Das Herz macht bumm, bumm, bumm!“ Er kommt daher mit der Urgewalt eines typischen Bo Diddley-Blues, instrumentiert lediglich mit Bass Drum und einer offenbar einsaitigen Zigarrenschachtelgitarre. Klasse! Aber auch als Balladenschreiber machte Friedel Geratsch immer schon eine gute Figur. „Ich weiß, wo unten ist: Parterre, Keller – minus eins“, beginnt der empathische Text zu herrlich schluchzenden Gitarrensaiten in „Fahrstuhl des Lebens“, und auch das ‚Mut machen‘ haben Friedels Verse nicht verlernt, wie die wunderschöne Ballade „Lass es scheinen“ beweist.
Kennengelernt haben sich Friedel und Adi Hauke zunächst über Social Media, bis man sich erstmals persönlich beim „Smokin‘ Guitars“ Festival im Cigarbox-Mekka Pleutersbach, Ortsteil von Eberbach am Neckar in Baden-Württemberg, traf. Genau wie Friedel ist auch Adi Hauke bereits seit Jahren ein begeisterter ‚Bauer‘ von Cigarbox-Klampfen. Und diese CD beweist, dass Adi auch ein leidenschaftlicher Musiker und prima Sänger ist. Mit der fröhlichen UpTempo-Nummer „Woodstock, Wacken, Pleutersbach“ beschenken die beiden Bastel- und Blues-Enthusiasten das Festival mit einem musikalischen Denkmal.
Für Lokalpatrioten unter unserer Leserschaft ist es sicher interessant zu wissen, dass neben zahlreichen Musikerfreunden aus ganz Deutschland auch zwei langjährige Weggefährten von Friedel aus dem hiesigen Breitengrad auf dem Album als Musiker und Chorsänger verewigt sind: der Münsteraner Pascal Cherouny („Custard Pies“) sowie Thomas Passmann-Engel („Gebr. Engel“ / „Geier Sturzflug“) aus Burgsteinfurt.
Dr3i Fragen an… Friedel Geratsch
Noch vor der offiziellen Veröffentlichung des Albums „Lustige Zeiten“ gab es dazu zahlreiche richtig gute Kritiken in der Musikpresse. Nachdem du vor Jahren mal deinen ultimativen Abschied vom Musikbusiness erklärt hattest, musst du nun doch noch einmal richtig stolz sein, oder?
Der Abschied vom Business ist ja vollzogen. Was ich jetzt mache, ist alles ohne irgendwelche Verträge und sowieso nur für einen kleinen Kreis von Leuten gemacht. Da geht es eigentlich nur um den Spaß an den selbstgebauten Zigarrenkistengitarren und darum, völlig natürliche, handgemachte Musik zu spielen. Ich freu mich natürlich, wenn es Hörer gibt die das, was wir da gemacht haben, gut finden.
Tatsächlich kenne ich nur wenige prominente Künstler, die in den Sozialen Netzwerken persönlich mit Freund & Feind so öffentlich diskutieren, wie Du es bereits seit Jahren tust. Obwohl du dich immer auch gerne entschieden äußerst zu diversen Reizthemen, gibt es eher keine echten Shitstorms, oder?
Ich habe bei Facebook nicht so wirklich viele Freunde und die sind doch eher ausgewählt. Ich nehme nicht alle Anfragen an, außerdem trenne ich mich auch von Leuten, wenn es moralisch nicht kompatibel ist. Ich poste auch fast alles nur für Freunde und nicht öffentlich. Also bisher kein Shitstorm.
Seit Corona sind die Tierheime bundesweit so gut wie ‚ausverkauft‘, zumindest was Hunde betrifft. Trotzdem alle Erlöse der CD für Tiere statt für Menschen?
Hauptsächlich unterstütze ich das „Tierrefugium Hanau“, da gibt es immer Bedarf, da sie sich dort um viele alte oder kranke Tiere kümmern. Da braucht es immer Geld für Operationen oder irgendwas anderes. Gleichzeitig helfen sie von dort noch Tierheimen in Süditalien.