Die Halle Münsterland war am Sonntagabend beim Auftritt von Comedian Carolin Kebekus mit 3.200 Sitzplätzen restlos ausverkauft. Unter Auflage der 2G-Regel konnten die Zuschauer sich endlich auf eine Show freuen, die bereits im März 2020 auf die Bühne gebracht werden sollte.
Vor blauen Stoffvorhängen zierten lediglich das Symbol des „Pussy Nation“ Programms und zwei große Monitore, auf denen unter anderen die Tour ihres Bruders und Stand-Up Comedians David Kebekus beworben wurde, die Bühne. Auch war dort ein tonloses Video zu sehen, das auf das Hilfsprogramm „Armut ist sexistisch“ aufmerksam machte. Gegründet von der NGO „One“ setzt sich Carolin Kebekus seit 2015 für dieses Projekt ein. Die Show begann mit der Aufforderung, sich zu erheben und den Artikeln der „Pussy Nation“ Folge zu leisten, der zum Vorteil der Komikerin unter anderem beinhaltete, über jeden Witz hemmungslos zu lachen. Bewaffnet mit einem Mikrofon betrat die 41-Jährige im olivgrünen Jumpsuit und mit lockerlässigem Move den Showplatz.
„Münster, da seid ihr ja endlich“, begrüßte sie das Publikum. Sympathisch und mit viel Humor berichtete sie detailliert über ihre erste Sugaring-Erfahrung. „Das sind solche Schmerzen! Ich dachte, die reißt mich in zwei Stücke!“ Elegant gelangen ihr die Übergänge von Bewertungen im Internet, über Influencer und ihr „scheinbar perfektes Leben“ ebensolcher, bis hin zum Vorschlag, ein Bewertungsportal für One-Night-Stands in der Gesellschaft zu etablieren. Auch fanden zunehmend politische Themen ihren Platz, wie das Wahlrecht für Frauen, das 1918 beschlossen wurde oder das im Jahr 1997 in Kraft getretene Gesetz, das Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe stellt. Außerdem riss Kebekus den umstrittenen § 219a, der das Werbeverbot für Abtreibungen regelt. „Es ist doch nicht verkehrt, Frauen zu informieren“, so die gebürtige Bergisch-Gladbacherin.
Mit charmanter Leichtigkeit und dem nötigen Humor servierte sie den Unterschied zwischen einvernehmlichem Sex und Vergewaltigung als leicht verdauliche Kost portioniert. Zudem berichtet Carolin Kebekus über eigene Erfahrungen zum Thema „Die-Pille-Danach“, die es seit wenigen Jahren ohne Rezept in der Apotheke zu kaufen gibt. „Unser Gesundheitsminister Jens Spahn hat sich 2018 dafür eingesetzt, dass die ‚Die-Pille-Danach‘ rezeptpflichtig bleibt. Mit der Begründung, es wären doch keine Smarties. Hallo? Was denkt der sich? Dass ich mir eine Großpackung aus der Apotheke hole und ein wildes Wochenende veranstalte?“
Nach einer kurzen Pause kündigte Kebekus eine Überraschung für das Publikum an. Als Support für die Comedians, die erst kurz vor der Pandemie in diesem Genre Fuß gefasst haben, präsentierte die Hauptakteurin den jungen Markus Henrik alias „Dr. POP“. Er hat seinen Doktortitel in Popmusik erlangt und sezierte in der Halle Songs von Pietro Lombardi, Capital Bra und Andrea Berg Stück für Stück: „Wenn der Typ sie tausendmal belogen hat, wieso will die immer noch was von dem?“ Zum Abschluss seiner Vorstellung performte er den „Bi-Ba-Butzemann“ Song in eine Gangster-Rap-Version und überließ unter lautem Beifall das Podest wieder der Dame des Abends.
Es folgte eine zweite Hälfte, die so manchem Zuschauer vor Lachen die Tränen kommen ließen. Ob über die Falttechnik einer Menstruationstasse oder der Vergleich vom Schmuggeln mit Tampons und Heroin: auch die anwesenden Männer lachten lautstark. Private Anekdoten wurden ebenfalls thematisiert, so erzählte die Komikerin, dass sich ihre Familie in einem modernen Chatforum „Die Kebeküsse“ nennt. An Sprachnotizen und Gruppenchats ließ sie kein gutes Haar, beteuerte aber, dass es eine Gruppe gibt, bei der man immer „Up to date“ bleiben muss: die Gruppe der Freundinnen. „Dann konnte ich mal einen Abend nicht mit und am nächsten Morgen hast du ungelogen fast 200 Nachrichten in der Mädels-Gruppe. Da musst du dir natürlich alles durchlesen um herauszufinden was los ist. Hat sich jemand verlobt oder getrennt. Und was ist dabei meine Aufgabe? Bring ich einen Kartoffelsalat mit oder einen Spaten?“
Auch mit Körperidealen, Bodyshaming, Gleichberechtigung und Hasskommentaren im Netz beschäftigte Carolin Kebekus sich in ihrer Show. Im Zuge dieser Thematik appellierte sie zum Schluss an alle Zuschauer, sich doch mehr zu unterstützen und weniger zu kritisieren, wofür sie tobenden Applaus erntete. Nach zweieinhalb Stunden eines sehr gelungenen Abendprogramms betrat die Komikerin für eine kleine Zugabe ein letztes Mal die Bühne und überraschte mit einer neu interpretierten Version den „Frozen“-Songs aus Disneys „Eiskönigin“. Zum Höhepunkt des zweiten Refrains überdeckten große pinke Vorhänge das einst blaue Bühnenbild, bevor sich der Star des Abends bei Standing Ovations des Publikums schließlich verabschiedete.
„Den Humor von ihr finde ich einfach super. Und das Bild über die Frau im Allgemeinen, dass man toll ist, so wie man ist“, berichtete Zuschauerin Bianca Hölscher begeistert. Sie war aus dem Kreis Steinfurt angereist und stand mit ihren Freundinnen bereits seit 17:30 Uhr in der Schlange, um sich einen Platz in der ersten Reihe zu sichern.
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Toller Artikel! Bei dem Verbot der Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft geht es allerdings um den 219a StGB (nicht 129a).
Hey Kim,
danke für den Hinweis, du hast natürlich Recht. Wir haben den Zahlendreher korrigiert.