„Zu Pfingsten wollen wir mit den Bürgern der Stadt feiern. Wir feiern die Kraft der Musik, des größten Geschenkes, das uns der menschliche Geist gemacht hat, und 100 Jahre gemeinsame Musikgeschichte in Münster und für Münster“, so hatte es Golo Berg, Generalmusikdirektor des Sinfonieorchesters Münster, zu Beginn des Jubiläums-Open-Air „MünsterMusik“ laut Pressemeldung ausgedrückt. Gestern Abend, als er mit seinem Orchester und über 600 Sängerinnen und Sängern vor mehreren tausend Besuchern auf dem Prinzipalmarkt Carl Orffs „Carmina Burana“ aufführte, war es aber mehr als eine Feier, es war fast schon eine Demonstration. Nämlich dafür, dass es in Münster ein sehr großes Interesse an dieser Art von Musik gibt.
Spätestens seit den Aaseerenaden weiß man in Münster, dass auch das, was gemeinhin zur „Klassik“ gezählt wird, gar nicht so elitär ist wie manche denken und man es draußen bei mitgebrachtem Getränken genießen kann. Insgesamt versammelten sich dazu wohl ähnlich viele Menschen auf dem Pflaster und unter den Bögen zwischen Lambertkirche und Rathaus, wie bei den bisherigen Demonstrationen gegen die AfD. Oder wie bei einem durchschnittlichen Spiel im Stadion vom SC Preußen Münster. Dem Aufruf von Golo Berg und dem Sinfonieorchester Münster, am Pfingstsonntag zu einer eintägigen Chorprobe mit anschließendem Konzert zu kommen, waren neben vielen Einzelpersonen auch Amateur-Chöre aus der Stadt und dem Umland und sogar den Niederlanden gefolgt. Diese etwa 650 Sänger standen mit dem Rücken zur Bühne auf gleicher Höhe wie das Publikum – wo hätten sie sonst auch hingepasst? Vier große Monitore an den Seiten sorgten dafür, dass sie den Dirigenten sehen konnten und ihren Einsatz nicht verpassten. Direkt daneben zu stehen, sorgte beim Publikum für einige Gänsehautmomente – auch wenn Orchester und Solosänger bei dieser großen Fläche über die Lautsprecheranlage verstärkt werden mussten.
Bei aller Künstlichkeit und Erhabenheit hat die Musik von Carl Orff viel Volkstümliches, was einem Konzert vor so einem großen Publikum entegen kommt. Immer wieder wurden die Smartphones in die Höhe gereckt, um den Moment mit Bildern oder kleinen Filmausschnitten festzuhalten und in die Welt zu verteilen (so wie wir es gestern auch bei Facebook und Instagram taten). Auch dadurch fand die dreitägige Veranstaltung „MünsterMusik“ gestern wohl ihren Höhepunkt, den der GMD Golo Berg und die Direktorin der Westfälischen Schule für Musik Friedrun Vollmer dafür nutzten, von ihrer Idee eines gemeinsamen Musikcampus zu werben. Tatsächlich ist bei einem solchen Zuspruch kaum damit zu rechnen, dass dieser mit einem erneuten Bürgerentscheid abgeschmettert wird, wie damals das ähnliche (wohlgemerkt: nicht gleiche!) Projekt der Musikhalle. Die Verantwortlichen sollten diesmal alle Einwände sorgfältig prüfen, sei es zum Ort oder zur Finanzierung, und die Diskussion sachlich und offen mit der Bürgerschaft diskutieren. Sonst wird es womöglich wieder nichts.
Heute Abend findet die Konzertreihe ab 19:30 Uhr auf der Bühne vor der Lambertikirche ihren Abschluss, mit dem Konzert des Sinfonieorchesters der Musikhochschule mit Blockbuster-Filmmusiken.
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