Eine WG wie aus der „Lindenstraße“, Rückblenden auf einen tragischen Unfall wie beim „Tatort“, Intrigen in der Familie, ein unerwartet zurückgekehrter Bruder, ein unheimlicher und manchmal ziemlich brutaler Diener, Eifersucht, Mißgunst – und am Ende ein Mord als Cliffhanger. Mit solchen Zutaten ist „Cactus Junges Theater“ am vergangenen Wochenende in die neue Staffel der Serie „Das SOAP-Ding“ gestartet. Die jugendliche Theatergruppe beschenkt sich damit praktischerweise selbst zu ihrem 25. Geburtstag.
Moment mal: Staffel, Serie, Rückblende, Cliffhanger – das sind doch keine Begriffe aus der Theaterwelt! Eine Fernsehserie live gespielt, als Bühnenstück von einer jugendlichen Laiengruppe dargeboten – kann das überhaupt funktionieren? Tatsächlich ja, und das auch mit großem Erfolg. Denn das Pumpenhaus war bei allen vier Aufführungen bis auf den letzten Platz ausverkauft und das Publikum stets begeistert. Es soll sogar Menschen geben, die schon seit neun Jahren darauf gewartet haben, dass „Cactus Junges Theater“ ihre schon 2008 recht beliebte Fernseh-Persiflage fortsetzt. Kenntnisse davon waren aber nicht erforderlich, als die jugendliche Theatergruppe am vergangenen Wochenende im Pumpenhaus mit einer neuen Staffel dieser Serie gestartet ist.
Die neue Serie spielt in einer alten Stadtvilla, „Güldenhof“. Das herrschaftliche Haus war in besseren Zeiten mal ein Hotel, übrig geblieben ist davon noch eine zwielichtige Kellerbar. Dort arbeiten drei geheimnisvolle Bardamen, die entweder im Chor sprechen oder sich wie Tick, Trick und Track bei jedem Satz gegenseitig ergänzen. Sie sind einheitlich gekleidet und frisiert und erinnern entfernt an „Raumschiff Orion“. In der ehemaligen Hotel-Lobby ist nun ein Dönerladen zu finden, wenig erfolgreich geführt von Dino und Pianolla Bellini. Beide fürchten die Besuche des Dieners ihres Vermieters, der die schon seit Monaten ausstehende Miete eintreiben soll. Tsun Ge heißt dieser etwas unheimliche Mann, was gesprochen nicht zufällig wie „Zunge“ klingt. Um den Willen seines Herren Robert Perlenbacher zu erfüllen, schreckt er auch vor Gewalttaten nicht zurück.
Der Hausherr Robert Perlenbacher ist der älteste von drei Brüdern und bewohnt das oberste Stockwerk des Güldenhofs, das Penthouse, zusammen mit seiner Frau Anne und ihrer kranken Schwester. Inniger scheint aber sein Verhältnis zum Diener Tsun Ge zu sein, der jeden Besucher genauestens untersucht, mit Mundschutz und Einmal-Handschuhen versorgt und bei Bedarf auch desinfiziert. Außerdem befindet sich in dem ehemaligen Hotel auch die Zahnarztpraxis von Perlenbachers Bruder Oswald und eine WG, wo die ungleichen Zwillingsschwestern Lea und Rabea einen neuen Mitbewohner erwarten. Weil unerwartet der jüngste Perlenbacher-Bruder Chris auftaucht, quartiert Robert auch ihn und nicht nur den Neuzugang Thommy in der WG ein. Damit beginnen die Verwicklungen, denn Chris saß vor drei Jahren am Steuer, als die Eltern der Zwillinge beim nächtlichen Spaziergang durch ein Auto getötet wurden. Oder war es damals doch ganz anders?
Aus der Aufzählung all der im Haus wohnenden Menschen wird klar, dass beim „SOAP-Ding“ viele Schauspieler auf der Bühne stehen. „Cactus Junges Theater“ ist eben eine große Truppe, sichtbar wurde es in einer etwas skurrilen Szene, als sie alle sich unvermittelt in Zombies verwandelten. Aber nicht, um „The walking Dead“ zu persiflieren, sondern um das Video zu Michael Jacksons „Thriller“ darzustellen. Ansonsten war nur wenigen Szenen so deutlich anzumerken, an welches bekannte Fernsehformat sie sich orientieren, wie bei Shaun Fitzpatricks Hommage an die BBC-Serie „Sherlock“ gleich zu Beginn der Pilotfolge „Das Ding mit dem Unfall“. Da haben sich wohl so einige Zuschauer etwas mehr Anspielungen erhofft. Oder sie waren allzu dezent versteckt.
Obwohl alle Darsteller keine Schauspiel-Profis sind, vergaß man ganz schnell, in einem Laientheater zu sein. So konnte die eigentlich ziemlich hanebüchene Story ihren eigenen Sog entwickeln. An der hat übrigens der Kabarettist und WDR-Lokalzeit-Kulttester Christoph Tiemann zusammen mit dem Team geschrieben. Von den Schauspielern überzeugten besonders Timo von der Horst als Diener Tsun Ge, Erik Morawietz als Chris Perlenbacher und vor allem Eva-Lina Wenners als Rabea Sontner – doch die war am Ende der ersten Folge tot. Kurz darauf erklang die Schlussmusik (nein, nicht die aus der „Lindenstraße“, auch wenn es gepasst hätte) und die unvermeidliche Einblendung „Fortsetzung folgt“ erschien. In ähnlich typischer Fernseh-Manier hatte der Abend mit einem musikalisch mitreißenden Vorspann begonnen, bei dem die Namen aller Mitwirkenden auf dem Bildschirm zu lesen waren.
Die erste Folge ist nun gelaufen, eine Wiederholung gibt es nicht. Und auch keine illegalen Mitschnitte im Internet. Denn noch vor dem Beginn der Aufführung hatte Regisseur Alban Renz das Publikum darauf hingewiesen, dass fotografieren oder gar filmen nicht erwünscht ist und dazu aufgefordert, die Handys auszuschalten. Auf eine Erinnerungsstütze werden die Zuschauer der zweiten Folge, die an dem Wochenende ab dem 10. November zu sehen ist, trotzdem nicht verzichten müssen. Dafür gibt es dann nämlich ein paar einführende Szenen nach dem Motto „Was bisher geschah“ zu sehen, so wie auch in allen weiteren Folgen dieser Serie bis zum Finale im Februar 2018. So lange müssen die Fans von „Das SOAP-Ding“ schon bei der Stange bleiben, wie bei einer echten TV-Serie eben.
Mehr über „Das SOAP-Ding“ findet ihr hier. Die zweite Folge hat am 10. November 2017 Premiere und wird nur am 11. und 12. November wiederholt. Alle Aufführungen beginnen um 20.00 Uhr im Theater im Pumpenhaus. Karten (12€ / erm. 7€) gibt es dort, telefonisch unter 0251-233443 oder online.
Shaun Fitzpatrick und Alban Renz haben "Das SOAP-Ding" übrigens in der Bürgerfunk-Sendung "Easy Listening - Musik am Feierabend" vorgestellt. Die komplette Sendung ist hier zu nachzuhören.
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