Der Schöpfer habe Italien nach Entwürfen von Michelangelo gemacht, hat Mark Twain gesagt. Das gilt auch für italienische Musik. Und weil das so ist, haben Fabrizio Ventura und Götz Alsmann mit dem Sinfonieorchester und der Alsmann-Band das diesjährige Neujahrskonzert Italien gewidmet. Wir waren im dritten und letzten Konzert im Großen Haus.
Alsmann ist so, wie man ihn kennt: ein Entertainer mit unglaublichem musikalischem Wissen und Fähigkeiten. Er spielt den Flügel so gekonnt wie die Mandoline. Quasi nebenbei erfährt das Publikum die Geschichte der Mandoline, wie sie auf Brasilianisch oder auf Portugiesisch heißt. Dass aber etwas anders ist, als sonst, das fällt den Besuchern natürlich auf. Sicherheitshalber weist Alsmann nochmal darauf hin, dass die meisten Damen im Orchester rote Gewänder tragen, die erste Geigerin gar ein Kleid mit großformatigen Blüten. Das soll das italienische Lebensgefühl, „la dolce vita“, unterstreichen. Schon befindet sich der Saal in der Ouvertüre zu Giuseppe Verdis „Nabucco“ und lauscht dem Nachtkonzert von Giuseppe Martucci, das sehr gefühlvoll klingt und fast ein wenig zum Schlummern anregt.
Bei den Capri-Fischern hat Alsmann längst seine Band auf die Bühne geholt, Altfrid M. Sicking wirbelt auf seinem Marimbaphon. Markus Paßlick auf den Percussions, Rudi Marhold am Schlagzeug und Ingo Senst am Kontrabass. Das sind alles gute Musiker und die Stücke haben einen hohen Unterhaltungswert. So richtig interessant und ganz anders wird es aber, als Alsmann Giochino Antonio Rossini und dessen Oper ankündigt. Dabei erzählt er nämlich, dass Rossini leidenschaftlich gekocht und eigentlich Kochbücher verfasst habe. Man müsste halt einen Dirigenten kennen, der auch gut kochen kann. Ob er, Fabrizio Ventura, da nicht jemanden kenne. Urplötzlich steht da ein Tisch mit brodelndem Wasser, dessen Kochgeräusche verstärkt werden, mit einer Bratpfanne, in der irgendetwas Tomatenartiges vor sich hin zischelt, italienischem Hartkäse und einer Käsereibe. Schon dirigiert Venture, mit Spaghetti in der Hand, sein Orchester. Mit der anderen Hand salzt er das blubbernde Nass, Flugs Nudeln gegen Kochlöffel getauscht, zwischendurch die Streicher gelockt und die Bläser gebremst.
Gespielt wird „die diebische Elster“. In Rossinis Oper wird das Dienstmädchen Ninetta beschuldigt, einen Silberlöffel gestohlen zu haben. Gerade als sie zum Tode durch Erschießen verurteilt wird, entdeckt man, dass der wahre Dieb eine Elster ist. Dramatik pur, während das Essen köchelt. Und es bleibt immer noch Zeit, Konrad Hirzel zu verabschieden, der nach 37 Jahren im Sinfonieorchester aufhört. „Der Fels in der Brandung in der Flötengruppe“, sagt Alsmann, und Ventura bedankt sich sehr persönlich für Hirzels Engagement. Insgesamt dauert der Abend mehr als drei Stunden, ein großartiges, kurzweiliges, abwechslungsreiches Programm, das mit dem dritten und vierten Satz von Ottorine Respighi endet: Feste Romane. Das nächste Neujahrskonzert wird Ventura schon nicht mehr dirigieren, weil da er Münster im Sommer verlässt.
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