Nachdem bei ihm 2010 ein bösartiger Hirntumor festgestellt wurde, hat Wolfgang Herrndorf sich drei Jahre später erschossen. Der studierte Maler und Illustrator hat erst spät festgestellt, dass er das, was er sagen wolle, nicht malen könne und sich fortan der Schriftstellerei gewidmet. Trotzdem wurde er mit Preisen überhäuft. Sein bekanntester Roman ist „Tschick“. Das Vermächtnis von Herrndorf ist allerdings ein Fragment: „Bilder deiner großen Liebe“ – ab kommenden Donnerstag zeigt das Bochert Theater eine Bühnenfassung.
Gestern gab es im Foyer im Flechtheimspeicher schon mal einen kleinen Vorgeschmack. Dramaturgie-Volontärin Silvia Drobny, Regisseurin Eva-Maria Lüers und die beiden Schauspieler Alice Zikeli sowie Jürgen Lorenzen begrüßten das theaterinteressierte Publikum. Offensichtlich hatten die Münsteraner die Wetterwarnung ernst genommen. Gerade mal 15 Menschen kamen in den Vorraum des Theaters. Drobny erzählt vom Werk und Leben des Autors, Lüers erklärt, wie sie sich dem Werk genähert hat. Das ist ja nicht ganz einfach bei einem unfertigen Manuskript. Und die beiden Schauspieler spielen kurze Szenen.
Herrndorf ist ja für das Borchert Theater kein Unbekannter, denn immerhin wird dort ja auch „Tschick“ gezeigt. Mehr noch: Alice Zikeli spielt die Isa in „Tschick“ und in „Bilder Deiner großen Liebe“. Lüers weist aber darauf hin, dass „Bilder deiner großen Liebe“ keine Fortsetzung von „Tschick“ sei. Isa begegnet den beiden Protagonisten in „Tschick“, als sie gerade Benzin für den geklauten Lada abzapfen wollen. Die Regisseurin illustriert das mit einer Schwimmbewegung. Die Personen nähern sich also, treffen sich kurz und entfernen sich wieder. In „Bilder deiner großen Liebe“ geht es einzig um Isa und ihren Weg. In den Szenen, die Zikeli und Lorenzen spielen, wird schon deutlich, dass die junge Frau den größten Sprechanteil hat, was Lorenzen dann auch einräumt. Lorenzen selbst schlüpft in alle möglichen Rollen. Anders als bei „Tschick“ ist bei „Bilder deiner großen Liebe“ nicht klar, dass es sich immer um angenehme Begegnungen handelt.
Im Anschluss kann das Publikum Fragen stellen, und so erfahren die Theaterfreunde, dass die Proben gar nicht im Borchert Theater sondern im Kleinen Bühnenboden an der Schillerstraße stattfinden. Dass Lorenzen 5 Minuten Fahrzeit spart, ist vielleicht nicht die wichtigste Information. Doch zeigt sie, dass wir alle mit profanen Dingen zu tun haben.
Premiere: Donnerstag, 12.01.17 | 20:00 Uhr | Wolfgang Borchert Theater
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