Die Sommermonate bringen nicht nur Sonnenschein und hohe Temperaturen mit sich, sondern auch eine traurige Bilanz an Badeunfällen im Kanal. Obwohl es sich um eine vermeintlich erfrischende Abkühlung handelt, warnen die Behörden eindringlich vor den lebensgefährlichen Gefahren, die in diesen Gewässern lauern. Zuletzt war am Sonntagnachmittag ein 40-Jähriger beim Schwimmen im Dortmund-Ems-Kanal ums Leben gekommen.
Badeunfälle können viele verschiedene Ursachen haben. „Eine Ursache kann der große Temperaturunterschied zwischen Umgebungsluft und Wasser sein“, erklärt Janis Eschert, Sprecher der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Münster auf Anfrage unserer Redaktion. „Dies tritt vor allem im Sommer an sehr heißen Tagen (lange in der Sonne liegen und sich dann abkühlen) sowie im Winter an sehr kalten Tagen (Eiseinbruch) auf. Der plötzliche Temperaturunterschied kann im schlimmsten Fall zu einem Kreislaufstillstand führen.“ Die Gefahr, die von dem Temperaturunterschied ausgeht, werde von den meisten Personen vernachlässigt, schließlich fühle es sich ja erfrischend an, ins kalte Wasser zu springen, so Eschert weiter.
Langsames Abkühlen
Die DLRG weist immer wieder darauf hin, wie wichtig es ist, seinen Körper langsam an das Wasser zu gewöhnen und langsam abzukühlen. Das ist aber im Kanal oft problematisch, da das Wasser überwiegend sofort tief ist, besonders im innerstädtischen Bereich mit den Spundwänden, wie Mathias Heist, Einsatzleiter der Feuerwehr Münster, verdeutlicht. „Somit ist ein langsames Gewöhnen des Körpers an die Wassertemperatur nur schwer möglich, da es keine langsam abfallenden Uferbereiche wie beispielsweise an Badeseen gibt.“
Unsichtbare Gefahren
Ein gravierendes Problem bestehe darin, dass Schwimmer oft nicht abschätzen können, was sie erwartet, sagt Julia Schindler, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Duisburg, dem die Wasserschutzpolizei unterstellt ist. Das Baden im Kanal stellt für jeden, ob jung oder alt, Profi- oder Hobby-Schwimmer, eine enorme Bedrohung dar. „Die Schwimmer wissen nicht, was sie erwartet, sprich – wie tief die Gewässer sind oder auch wo Strömungen lauern. Im Wasser wirken unheimlich starke Kräfte, denen selbst Profi-Schwimmer kaum gewachsen sind. Wer im Kanal baden geht, kann auch auf der Autobahn joggen gehen: Als Mensch ist man einer Strömung genauso wenig gewachsen, wie einem heranrasenden Lkw. Selbst, wer sich nur am Ufer im Wasser aufhält, setzt sich einer erheblichen Gefahr aus, da Schiffe unberechenbare Strömungen und Sogwirkungen erzeugen.“
Gefährliche Strömungen
Die größte Strömung im Kanal in Münster entsteht durch die Schleuse. „Sie ist im unmittelbaren Schleusenbereich lebensgefährlich, aber auch noch Kilometer weiter als leichte Wechselströmung, je nach Schleusengang, sichtbar“, ergänzt Janis Eschert von der DLRG „Zudem gibt es örtliche Strömungen durch Wasserentnahmestellen, beispielsweise bei den Stadtwerken am Hafen. Weiterhin entstehen an Schiffen verschiedene Strömungen durch die Schiffsschraube sowie die Fortbewegung des Schiffes allgemein.“ Die DLRG Münster empfiehlt, nicht in der Nähe dieser Gefahrenquellen zu schwimmen und das Wasser zu verlassen, wenn sich Schiffe nähern.
Baden im Kanal verboten
Der Bund als Eigentümer der Wasserstraßen stellt klar: Das Baden im Kanal ist nicht erlaubt und wird nicht toleriert. Das gefährliche Annähern an Schiffe, das Klettern auf diese oder das Springen von Brücken werden geahndet. Die Bußgelder liegen zwischen 50 und 75 Euro und können im Wiederholungsfall sogar auf bis zu 200 Euro steigen, wenn Personen erneut bei solchen Ordnungswidrigkeiten erwischt werden. Die Wasserschützer patrouillieren auf dem Dortmund-Ems-Kanal entlang der Stadtstrecke in Münster, da sich bei geeignetem Wetter hier viele Menschen am Kanalufer aufhalten.
Springen von Brücken
Doch weshalb ist das Springen von Brücken so gefährlich? „Die Wassertiefe im Kanal misst maximal vier bis fünf Meter. Beim Sprung von einer Brücke drohen beim Aufprall tödliche Verletzungen“, betont Polizeisprecherin Schindler gegenüber ALLES MÜNSTER und warnt: „Auch der Sprung von einer weniger hohen Brücke kann gefährliche Folgen haben. So können im Wasser treibende Gegenstände wie leere Flaschen oder spitze Holzstücke leicht übersehen werden. Sie befinden sich häufig im Brückenbereich unter der Wasseroberfläche und können zu schweren Verletzungen führen. Zudem sind es oft Eisenbahnbrücken mit Stromkabeln.“
Oft liest man, dass es ratsam sei, sich mit dem Sog herunterziehen zu lassen, statt dagegen anzukämpfen. Hiervon rät DLRG-Sprecher Janis Eschert ab. „Das ist eine Methode zum Entkommen aus einem gründigen Wirbel, wie er in Küstenbereichen auftreten kann. Hier ist es möglich, sich herunterziehen zu lassen und am Grund seitlich wegzutauchen, um aus dem Gefahrenbereich zu kommen. Dies funktioniert aber nicht bei den Strömungen im Kanal.“ Stattdessen sollten Betroffenen, die schon in einer gefährlichen Situation sind, schnell auf sich aufmerksam machen.
Ruhe bewahren und Hilfe holen
Menschen, die einen Badeunfall beobachten, sollten direkt den Notruf unter 112 absetzen und dann an der Stelle, an der die Person zuletzt im Wasser gesehen wurde, eine Markierung hinterlassen, erklärt Mathias Heist von der Feuerwehr Münster. „Man kann an der Stelle eine Jacke, ein T-Shirt oder ähnliches liegen lassen.“ Passanten sind übrigens verpflichtet, die Feuerwehr zu alarmieren und – wenn es ihnen ohne erhebliche eigene Gefährdung und den Umständen nach zuzumuten ist – die Person aus dem Wasser zu retten.
„Die Zahl der Badetoten dieses Jahres ist definitiv eine Häufung, die wir mit Sorge beobachten“, so Eschert von der DLRG. „Normalerweise stirbt im Jahr keine bis eine Person in unserem Bezirk im Wasser.“ In diesem Sommer gab es bislang bereits drei tödliche Badeunfälle in Münster. Diese traurige Bilanz unterstreicht die Notwendigkeit, die Warnungen der Behörden ernst zu nehmen.
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