Das Schild verheißt „Glückliche Hühner“, im Moment sind es aber wohl eher „Leicht genervte Hühner“, die auf dem Hof von Janina Lohmann in Hiltrup für die Eierproduktion zuständig sind. Normalerweise dürfen sich die rund 600 Tiere in Begleitung zweier Ziegen als Aufpasser auf einer großen Wiese nach Lust und Laune verteilen und picken, doch seit dem 26. März herrscht Stubenarrest für die Hähne Bruno und Henry und deren weibliches Gefolge. Auf einem Hof in Handorf wurde die Geflügelpest nachgewiesen, woraufhin vom Gesundheits- und Veterinäramt für das Stadtgebiet Münster eine Stallpflicht mindestens bis zum 26. April ausgerufen wurde, die sämtliche Geflügelarten umfasst und zum Beispiel auch für den Zoo gilt.
Die 24-jährige Jungbäuerin, die den Hof von ihrem Vater übernommen hat, leidet sichtlich mit ihren Hühnern und fiebert dem Tag entgegen, an dem sie wieder morgens um 10 Uhr wie gewohnt die Klappen öffnen kann, um das Federvieh an die frische Luft zu lassen. „Gerade wenn die Sonne so schön scheint wie heute, ist es total schade, dass hier kein einziges Huhn frei rumlaufen darf.“ Der Arbeitsaufwand ist für die junge Frau durch die Stallpflicht deutlich gestiegen, normalerweise ist auf der Wiese genügend los, um die vielen Hühner ohne ihr Dazutun glücklich zu machen, „ich lasse die Tiere um 10 Uhr raus, sammle in Ruhe die Eier ein und das war’s. Wenn es abends dunkel wird, gehen die Hühner von selber wieder in den Stall.“ Jetzt muss sie mehrmals am Tag zu den drei Ställen gehen und mit unterschiedlichen „Spielsachen“ aus Getreide für Abwechslung beim Picken sorgen. Die Menge und die Qualität der Eier hat sich durch den Geflügel-Lockdown sogar etwas erhöht, wie Janina Lohmann erklärt: „Die Hühner können aktuell ja nur das Futter picken, das ich ihnen in den Stall bringe. Das ist frei von Gentechnik und enthält Kalk, dadurch werden die Schalen etwas härter als wenn sie draußen Gras fressen.“ Manche der älteren Hühner sind sehr eigenwillig, wie die Landwirtin lachend berichtet, „die springen zum Teil über den Zaun und wandern in den Pferdestall, um ihre Eier dort zu legen. Die findet man dann natürlich nicht unbedingt.“
Der Gang in die Hühnerställe ist für die Bäuerin kein Spaziergang, vor jedem Zutritt muss sie sich einen Schutzanzug und saubere Gummistiefel anziehen, damit der Erreger der Geflügelpest nicht versehentlich eingeschleppt wird. Die Gummistiefel dürfen den Boden außerhalb des Stalls dabei nicht berühren, das macht das Umziehen teilweise zum akrobatischen Balance-Akt. „Die Stallpflicht dauert noch mindestens bis zum 26. April, hoffentlich dürfen die Hühner dann wieder nach draußen“, wünscht sich Janina Lohmann, während sie die frischen Eier vorsichtig in eine kleine Kiste mit Stroh legt, aus der sich die Kunden selber bedienen können. Das Geld wandert in ein Glas neben der Eierbox, Eier gegen Vertrauen. „Das funktioniert sehr gut, die allermeisten Menschen sind sehr ehrlich! Nur ganz selten fehlt mal ein Ei und das macht mich dann schon ärgerlich, weil dadurch ja auch die Leistung der Hühner nicht wertgeschätzt wird.“
Die drei Hühnermobile, ein Erdbeerfeld, Blumen zum Selberpflücken, Bienenstöcke und bald pädagogische Angebote für Schulklassen auf dem Bauernhof, die junge Frau sprüht nur so vor neuen Ideen und vor Energie, diese auch umzusetzen. „Ich überrasche meinen Vater mit immer neuen Einfällen, 70 Prozent davon sind nicht umsetzbar aber die restlichen 30 Prozent funktionieren ganz gut“, berichtet Janina Lohmann lachend. Wenn nach dem Ende der Stallpflicht das Federvieh wieder auf die Wiese darf und die Nachbarn mit ihren Kindern wieder zum Hof pilgern, um das „Hühnerkino“ zu genießen, ist für die junge Frau auch hier die Welt wieder in Ordnung.
Fotos: Michael Bührke
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