Seit 23 Jahren befindet sich im Schatten der Überwasserkirche an Münsters Frauenstraße das „Antiquariat Wilsberg“, zumindest für ein paar Wochen im Jahr. Während der restlichen Zeit heißt das urige Geschäft, das bis unter die Decke mit Buchschätzen angefüllt ist, Antiquariat Solder. Dessen Chef, Michael Solder, ist Antiquar aus Leidenschaft, vergleichbar vermutlich nur mit der Leidenschaft, mit der sein Kollege Georg Wilsberg Kriminalfälle löst. Jetzt hat das ZDF ihm eine Rolle in der Reihe angeboten und er hat nicht nein gesagt.
Wenn zwei Mal pro Jahr das Fernsehteam aus Köln anreist, hat Solder bereits sein geliebtes Antiquariat vorbereitet, damit Kameras, Scheinwerfer, Mikrofone, Crewmitglieder und Schauspieler genügend Platz haben. In mehr als zwei Jahrzehnten ist aus dem Antiquar nach und nach fast ein Teammitglied geworden und der Moment, in dem der „wahre Wilsberg“ eine Rolle in der fiktiven Serie bekommt, war eigentlich nur eine Frage der Zeit. Jetzt war es soweit, das ZDF klopfte bei Michael Solder an und der sagte natürlich nicht nein, „die Anfrage kam aus heiterem Himmel, ich war gerade im botanischen Garten spazieren. Aber nach 23 Jahren fühlte ich mich sicher im Stoff“, wie der Antiquar schmunzelnd anmerkt. Die Idee kam von keinem Geringeren als Leonard Lansink selber, also von dem Schauspieler, der seit 1998 die Rolle des knorrigen Antiquars spielt.
Obwohl Solder von sich behauptet, keine besonders ausgeprägten schauspielerischen Qualitäten zu besitzen („zwischen ernst und albern gibt es bei mir keine große Spannbreite“), wurde er vom Team mit großer Herzlichkeit aufgenommen, wie er sagt. Die Dreharbeiten nicht nur als Gastgeber sondern als Schauspieler mitzuerleben, hat den 53-Jährigen sehr beeindruckt, „Die Dispo, also der Ablaufplan eines Drehtags, ist so detailliert und exakt getimt, dass man damit zum Mond und zurück fliegen könnte!“
Auch beim Dreh in der Nähe von Köln war Corona ein Dauerthema, am Set stand immer das Fahrzeug einer Hilfsorganisation, um alle zwei Tage das komplette Team zu testen, ohne Maske waren nur diejenigen zu sehen, die gerade vor der Kamera standen. „Für die zwei Sätze, die ich sagen sollte, brauchte ich zwei Wochen Vorbereitung“, erinnert sich Solder lachend. Geschminkt zu werden, war für den Antiquar ebenfalls eher ungewohnt, „das habe ich zuletzt mit acht Jahren beim Karneval erlebt.“
Die Dreharbeiten selber wurden dann zur Herausforderung. „Ich habe es mir nicht so schwierig vorgestellt, es sollte natürlich wirken, was gestellt war. Man darf sich dabei nicht selber beobachten, stoisch Gucken kann ich, dabei locker zu bleiben war das Problem!“ Die Stars der beliebten Krimiserie haben den Laien sehr herzlich aufgenommen, Oliver Korittke, der die Rolle des Ekki spielt, kommentierte die Dreharbeiten mit Solder in breitestem Berlinerisch: „Det wird ja eh rausjeschnitten, dat Jesicht!“
Besonders beeindruckt hat Michael Solder offenbar die Schauspielerin Rita Russek, die nicht nur bei Wilsberg die Kommissarin Anna Springer spielt, sondern zudem eine beeindruckende Theater- und Fernsehkarriere aufweist und auch als Regisseurin große Erfolge gefeiert hat. Solders schauspielerische Qualitäten kommentierte sie mit der ausladenden Geste und getragenen Stimme einer Burgschauspielerin: „Dieser Mann braucht eine feste Rolle!“ Die Atmosphäre am Set bezeichnet Solder als neckisch, freundschaftlich aber auch sehr höflich und wertschätzend. Inhalte der Folge, in der Solder vermutlich im Herbst kommenden Jahres zu sehen sein wird, darf er nicht verraten, „Wer der Mörder ist, weiß ich aber ohnehin nicht.“
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