Alles begann mit einer kurzen Anfrage von ALLES MÜNSTER nach einer Teilnahme am jährlich stattfindenden deutschen CanSat-Wettbewerb. Als der Lehrer Dirk Weischer vom Pascal-Gymnasium die Anfrage und das Projekt in seinem Physik-Leistungskurs kurz vorstellte, waren vier Schüler sofort wie elektrisiert von der Idee, einen Satelliten zu entwerfen und zu bauen, der von einer Rakete zwar nicht ins All, aber immerhin in eine Höhe von knapp einem Kilometer befördern werden soll.
Marvin Langenberger (18), Luca Sapion (17), Ruben Förster (17) und Pepe Berges (17) heißen Münsters Satelliten-Pioniere, die mit ihrem „CamSat“ nicht nur Münster, sondern ganz Nordrhein-Westfalen vertreten werden. Unter den neun Teams kommt kein zweites aus NRW. Damit der Physik-Leistungskurs am Pascal-Gymnasium überhaupt zustande kommen konnte, mussten mehrere Schulen zusammenlegen. So kommen Marvin und Pepe vom Johann-Conrad-Schlaun-Gymnasium, Luca und Ruben vom Ratsgymnasium. „Physik LK ist wohl nicht sehr gefragt“, wie Ruben schmunzelnd mutmaßt. Für Dirk Weischer stellt sich indes eine ganz praktische Frage: „Wenn wir gewinnen, welche Schule darf dann den Preis in die Vitrine stellen?“ Aber bis zu diesem Punkt ist es ein weiter Weg.
Der CanSat-Wettbewerb findet in diesem Jahr zum sechsten Mal statt. Die Regeln klingen zunächst relativ einfach: Man baue einen Satelliten von der Größe einer Getränkedose (engl. Can), packe diesen mit Elektronik voll und lasse das kleine Hightech-Paket während des Flugs mehrere Aufgaben erledigen. Hierbei gibt es primäre und sekundäre Missionen. Die primäre ist vorgegeben, der Satellit soll während des Flugs die Temperatur und den Luftdruck messen, aus dem Luftdruck werden Höhe und Fallgeschwindigkeit ermittelt, aus den Temperaturdaten soll ein Temperaturprofil entstehen. Die Sekundärmission haben sich die Teams jeweils selber ausgedacht. Das Team „CamSat“ aus Münster setzt auf moderne Kameratechnik, daher auch der Name, Cam steht für camera.
„Wir haben eine 360-Grad-Kamera im Internet bestellt und zerlegt, damit wir sie in den Satelliten einbauen können“, erklärt Ruben. Der Satellit wird am höchsten Punkt der Flugbahn aus der Rakete geschleudert und segelt an einem Fallschirm zurück zur Erde. Während des Sinkflugs entsteht ein Panoramafilm. Eine weitere Idee der jungen Hobby-Ingenieure ist ziemlich kniffelig: ein Fernrohr mit angebauter Kamera soll vom Boden aus automatisch den rasanten Flug verfolgen und dabei brauchbare Aufnahmen liefern. Inspiriert wurden die Schüler hierbei von den spektakulären Aufnahmen der Raketenstarts in den USA, die sie regelmäßig verfolgen. Als dritte Aufgabe sollen die vom Satelliten zur Erde gefunkten Daten zusammen mit dem 360-Grad-Film eine Visualisierung des Flugs liefern.
„Ich mache eigentlich gar nichts und finde es total beeindruckend, mit welchem Elan die Schüler in ihrer Freizeit an dem Projekt arbeiten“, berichtet Weischer sichtlich beeindruckt. „Ferien sind natürlich toll, da kann man so viel schaffen“, erzählen Marvin, Luca, Pepe und Ruben – und meinen damit nicht das nächste Level von „League of Legends“, sondern Lösungen für komplizierte, technische und physikalische Fragen rund um die Mission zu finden. Wie ist es zum Beispiel möglich, dass die kleine, filigrane Elektronikdose die mörderische Beschleunigung von 20 g beim Start übersteht? Oder wie groß muss der Fallschirm sein, damit der Satellit die richtige Sinkgeschwindigkeit hat? Auch diese wird nämlich von den Organisatoren vorgegeben. „Wir hatten jeden Tag eine neue Idee“, berichtet Ruben. Ganz nebenbei bereiten sich die Vier auch noch auf das Abitur vor.
Die Professionalität, mit der das Forscher-Quartett an die Arbeit geht, ist beeindruckend. Computeranimationen des kleinen Satelliten wirken so realistisch, dass man meinen könnte, der Flug läge bereits hinter ihm. Bauteile, die so präzise gearbeitet sind, dass sie wie industriell gefertigt wirken, entstanden durch die Zusammenarbeit von Ruben am Computer und Luca am 3D-Drucker. Luca hat dann noch die elektronischen Platinen entworfen und in China herstellen lassen, Marvin hat unter anderem den Fallschirm entwickelt und genäht. Pepe ist schwerpunktmäßig für die Software der Bodenstation zuständig. Auch die Verteilung der Aufgaben innerhalb der Gruppe war Teil des Gesamtprozesses.
Montag fährt die Gruppe auf Einladung mehrerer in Bremen ansässigen Raumfahrtunternehmen für eine Woche nach Bremen, wo die Organisatoren des nationalen CanSat-Wettbewerbs ein spannendes Programm für die Teilnehmer ausgearbeitet haben. Der Höhepunkt findet am Mittwoch statt, wenn die Raketen nacheinander mit den kleinen Forschungssatelliten in den Himmel steigen werden. Als Medienpartner der Gruppe aus Münster wird ALLES MÜNSTER live dabei sein, wenn die Rakete mit der sensiblen Fracht auf dem Flugplatz Rotenburg (Wümme) vom Boden abhebt. Wer dort gewinnt, nimmt am europäischen CanSat-Wettbewerb teil. Ob das Team aus Münster dann für Deutschland antreten wird, zeigt sich am Freitag bei der Siegerehrung.
Die Schüler haben auch eine Animation erstellt, in der sie den Bau ihres Satelliten zeigen:
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