Schon das ganze Jahr feiert der filmclub münster sein Jubiläum als ältester noch existierender Filmclub Deutschlands, wie auch wir berichteten. Nun beschenkt er sich und uns auch noch mit einem Buch über seine 75-jährige Geschichte. Am Montagabend präsentierten die Herausgeber Carsten Happe und Daniel Huhn zusammen mit der Verlegerin Carmen Strzelecki den Sammelband „Andere Blicke – 75 Jahre Filmclub Münster“ in der Studiobühne der Universität Münster mit Kurzvorträgen von Eckhard Kluth und Jörg Albrecht zur Geschichte und der möglichen Zukunft des Filmclubs.
Eckhard Kluth, der die „Zentrale Kustodie und Kulturbüro“ der Universität Münster leitet, hielt einen launigen Impulsvortrag über Walter Hagemann. Dabei zeichnete er im freien Vortrag den schillernden Lebenslauf des Filmclub-Gründers nach: Vom Redakteur für Außenpolitik bei „Germania“, der Tageszeitung der Zentrumspartei bis zu ihrem Verbot 1938, über seine Arbeit für das NS-Propagandaministerium bis zu seinem Versuch, nach dem Krieg in München journalistisch und politisch Fuß zu fassen. Stattdessen landete er 1946 in Münster, wo er er die Leitung des Instituts für Zeitungswissenschaft übernahm, das er bald in Institut für Publizistik umbenannte, weil er auch Medien wie den Film einbeziehen wollte. Daraus ergab sich dann wohl auch seine Initiative für den Filmclub – vor dem Krieg hat es in Deutschland so etwas nur selten gegeben, nun passte es sehr gut zu den Plänen der britischen Besatzungsmacht nach Re-Education.
Eckhard Kluth zeichnete auch den weiteren Weg Hagemanns nach: Von seinem Austritt aus der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK), weil die den Film „Die Sünderin“ nach langer Diskussion dann doch freigegeben hatte, über das Engagement des ehemaligen CSU-Mitgründers für die Protestbewegung „Kampf dem Atomtod“, für die er sogar in Ostberlin sprach, und schließlich dem Entzug der Lehrbefugnis wegen der wahrscheinlich vorgeschobenen „ehebrecherischen Beziehung“ mit einer Studentin und seine Flucht in die DDR. Den Filmclub Münster führten zu der Zeit längst andere, aber auch ihr Engagement erlahmte mit den Jahren, und eine neue Generation von Filmenthusiasten musste gefunden werden, erzählte uns anschließend das heutige Vorstandsmitglied Carsten Happe. So hat der Filmclub die 1970er Jahre vor allem dank Reinhard Wulf überstanden, der dafür im Auftrag der VHS Münster als damals letztem verbliebenen Träger tätig war. Mit ihm und weiteren Zeitzeugen haben die Autoren Interviews für das Buch führen können. „Leider nur Männer,“ bedauerte Carsten Happe, aber so war es nun mal in der Geschichte des Filmclubs.
Wie die verantwortlichen Personen wechselten auch die Träger des Filmclubs im Laufe der Jahre. Heute sind es die Filmwerkstatt Münster, die Münstersche Filmtheater-Betriebe, der Westfälischen Kunstverein und neuerdings auch das „Burg Hülshoff – Center for Literature“. Deren Leiter Jörg Albrecht hielt am Montagabend ebenfalls einen Impulsvortrag, und zwar über die Zukunft des Flimclubs als Allmende, womit er einen alten Begriff als Entwurf für die Zukunft ausmalte.
Anschließend führte Carsten Happe einige Unentwegte auf einer kleinen Tour entlang einiger Drehorte das Films „Alle Jahre wieder“ (1967) von Ulrich Schamoni in Richtung Schloßtheater, wo der Film wieder einmal gezeigt wurde.
„Andere Blicke - 75 Jahre filmclub münster", herausgegeben von Carsten Happe und Daniel Huhn, Filmclub Münster. 144 Seiten, 18 Euro, Verlag Strzelecki Books, ISBN 978-3-910298-12-5, Infos unter www.strzelecki-books.com.
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