Am Sonntagabend begrüßte Adam Riese in seiner beliebten Show mit Antje Vogel und Manfred Erdenberger wieder einmal Gäste, die aus Münster stammen, aber dank ihrer Arbeit für und in den Medien weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt geworden sind. Das Publikum in der Cloud am Germania-Campus schloss am Ende aber vor allem den Talkshow-Gast in seine Herzen, der bisher eigentlich nichts mit unserer Stadt zu tun hatte. Denn Schauspieler Philipp Sonntag begeisterte nicht nur mit Plaudereien und Bekenntnissen aus seiner langen Film- und Fernsehkarriere, sondern auch als Sänger und mit der Mundharmonika.
„Ich spiele ein bisschen Mundharmonika, wenn Ihr das aushaltet“, richtete Philipp Sonntag sich bescheiden und etwas verschmitzt direkt an die Zuschauer, bevor er mit seiner Hymne auf die Großstadt Berlin loslegte, in der er schon lange lebt. Zum Abschluss sang und spielte er zur Freude aller dann noch im Duett mit dem musikalischen Stargast Dr. Ring Ding „Alles ist Blues“ – eine charmante Nummer, die ein bisschen wirkte, als wäre sie kurz vor der Show beim lockeren Jammen mit der Band, den „Original Pumpernickel“, entstanden. Zur Freude des Publikums hatte Bandleader Markus Paßlick auch noch eine Spielszene geschrieben, mit der er allen Bühnengästen sowie dem Moderator und seiner Assistentin Miss Miri allerlei Worte in den Mund legte, um ein passendes TV-Format für Philipp Sonntag zu finden, das ihn mit Münster in Zusammenhang bringen könnte. Von einer „Fluch der Karibik“-Adaption mit der MS Günther auf dem Dortmund-Ems-Kanal über Rosamunde Pilcher im Münsterland bis zu einer Serie über das Hafencenter unter dem Titel „Schlechte Zeiten – Schlechte Zeiten“ waren viele verrückte Vorschläge dabei.
Er sei kein Multitalent, sondern „nur mehrfach begabt“, sagte Philipp Sonntag. Er klang dabei fast so, als würde er sich zu einer Krankheit bekennen. Tatsächlich betätigt sich der 77jährige in jeder sich bietenden Kunstform: angefangen hat er als Bühnenbildner, das Malen hätte er beinah schon mal aufgegeben, vor ein paar Jahren erschien sein erster Roman „Ketzermusical“, und als Kabarettist wurde er 2004 mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. Das alles wurde in der sonntäglichen Show aber nur am Rande erwähnt. Denn allseits bekannt ist Philipp Sonntag vor allem als Schauspieler, und das nicht nur aus den Fernsehserien „Sturm der Liebe“ und „Lindenstraße“, sondern schon seit den frühen 70er Jahren, wie Showmaster Adam Riese mit vielen witzigen Filmausschnitten belegte. Wohl nur beinharten Fans des deutschen Trash-Films dürften „Benjamin – Ein Meister fällt vom Himmel“ über einen per Computer aufindig gemachten Ski-Weltmeister kennen, für den Willy Bogner 1972 die Hauptrolle an Philipp Sonntag vergab, obwohl der gar nicht so gut Ski laufen kann. Wer in den 70er Jahren Kinderfernsehen geguckt hat, kann sich noch an „Das feuerrote Spielmobil“ erinnern, das er in den ersten zwei Jahren dieser langlebigen Serie gefahren ist. Als aktuelleren Beleg gab es noch seinen hübschen kleinen Auftritt in Wes Andersons „Grand Budapest Hotel“ zu sehen, bevor Sonntag eine Lanze für die deutsche Telenovela „Sturm der Liebe“ brach, in der er fünf Jahre mitspielte. „Das ist die Commedia dell’arte des deutschen Fernsehens“, meinte er. Fans der „Lindenstraße“ verhieß er noch eine kurze Wiederkehr als der ewig grantelnde Alt-68er Adi Stadler, bevor die ARD-Dauerserie im nächsten Jahr eingestellt werden soll.
Als besonderes Schmankerl brachte Philipp Sonntag schließlich noch einen kleinen Sketch auf die Bühne, in der er die Rolle einer Ehefrau kommödiantisch auskostete. Als Spielpartner diente ihm Lo Graf von Blickensdorf, mit dem er zusammen die Szene geschrieben und zur Freude der Mitreisenden auch geprobt hat, als sie mit dem Zug nach Münster fuhren. Mit dem Tortengraf ist er seit einem gemeinsamen Auftritt in ihrer Wahlheimat Berlin befreundet – da hätten wir also doch noch eine Verbindung des Bayern zu Münster. Der bayerische Mundschlag war jedenfalls unüberhörbar, er legte aber Wert darauf, gar kein echter zu sein. Daher besetzte er den ihm zugedachten Stuhl, um ihn zu verdecken, denn der war als bayerische Tracht mit zünftiger Lederhose gestaltet. Dieses Mal saßen die Gäste der Adam-Riese-Show nämlich nicht auf dem üblichen bequemen Krukenkamp-Sofa, sondern auf jeweils passend gestalteten Stühlen aus dem „Luftschloss“ an der Rothenburg. Schuld daran war offensichtlich der Talkgast Antje Vogel. Die Designerin und Kinderbuchautorin musste auf dem kleinen roten Stuhl mit den Herzen Platz nehmen, der sonst in ihrer eigenen Küche steht, weil der so sehr an das von ihr gestaltete Logo des Vereins „Herzenswünsche“ erinnert.
Es klang bei Antje Vogel des öfteren so, als seien ihr die meisten Dinge eher zufällig passiert. Ob es nun ihr erstes Kinderbuch für den Coppenrath-Verlag war oder ihre Teilnahme an der VOX-Serie „Shopping Queen“, bei der sie im letzten Jahr als bisher älteste Kandidatin teilnahm und schließlich auch noch gewann – ursprünglich war sie nur als Begleiterin geplant. Als Manfred Erdenberger hinzukam, stellten beide fest, dass sie ungefähr zur gleichen Zeit dieselbe Schule in Münster besucht haben. Allerdings nicht in der gleichen Klasse, denn auch an der „Evangelischen Realschule für Jungen und Mädchen“ gab es damals neben einer gemischten auch je eine reine Jungen- und Mädchenklasse. Manfred Erdenberger verriet aber, dass er gerne die zusätzliche Aufgabe des Klassenbuchführers übernommen hat, um die anderen Klassenräume aufzusuchen und so „ein paar Unterrichtsstunden einzusparen“, wie er verschmitzt hinzufügte. Im weiteren Verlauf des Abends hockten Antje Vogel und er immer wieder tuschelnd zusammen, als hätten sie sich gerade auf dem Schulhof getroffen. Dass beide Ende 70 sind, merkte man ihnen dabei wirklich nicht an.
Erdenberger, der den Radiohörern vor allem als Moderator von WDR-Hörfunksendungen wie das „Mittagsmagazin“, „Montalk“ oder „Zwischen Rhein und Weser“ in Erinnerung ist, moderierte in den 70er Jahren auch die legendäre TV-Show „Spiel ohne Grenzen“. Adam Riese hatte tatsächlich einen kurzen Filmausschnitt von 1978 auftreiben können, in dem die westfälischen Städte Telgte, Harsewinkel und Hamm gegen Wesseling in einem putzigen Wettrennen mit riesigen Spielzeugpferden antraten. Dazu konnte der sympathische Manfred Erdenberger ergänzen, dass die rheinische Stadt Wesseling immer noch alle zehn Jahre ihre Teilnahme an der europäischen Endrunde dieser Spielshow feiert und ihn zum 40. Jubiläum im letzten Jahr auch als Stargast eingeladen hat. Aber auch wenn er von den Rheinländern gut behandelt wird und schon lange im Kölner Stadtteil Pesch lebt, fühlt er sich seiner Heimatstadt Münster sehr verbunden. Das durfte er dann in der obligatorischen Quizrunde beweisen, bei der es diesmal um hiesige Straßen ging.
Auch wenn diesmal alle Gäste den älteren Semestern zuzurechnen sind, war es doch wieder ein kurzweiliger Abend in der Cloud. Musikalisch bewegte er sich diesmal zwischen Latin, Blues und französischem Chanson. Dafür sorgte neben Perkussionist Markus Paßlick, Bassist Jürgen Knautz und Vibrafonist Altfrid M. Sicking vor allem der inzwischen weltweit bekannte Ska-Musiker aus Münster, Dr. Ring Ding, der unter seinem fast bürgerlichen Namen Richie Alexander eben auch gerne die Lieder aus der französischen Heimat seiner Mutter singt. Und wie üblich verriet Gastgeber Adam Riese am Ende schon mal, wen er in seiner nächsten Show am 30. Juni begrüßen wird: den beliebten Autor aus dem Ruhrgebiet Frank Goosen, den Sänger der münsterschen Rockband „Mad Max“ Michael Voss und die britische Rechtsmedizinerin und Autorin Judith O’Higgins, die ihr Medizinstudium zum Teil in Münster absolviert hat und zudem auch noch Saxophon spielt. Als musikalischer Gast wird Jule Balandat von den Zucchini Sistaz das Programm anreichern. Karten gibt es im WN Ticket-Shop, bei Auditorium und online unter www.muenster-ticket.de.
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