Die Corona-Krise schränkt das öffentliche Leben derzeit stark ein, überall abgesagte Veranstaltungen. Nun stellt sich die Frage, ob die Kosten für bereits gekaufte Tickets zurückerstattet werden. Wie verhält es sich bei längerfristigen Verpflichtungen wie Mitgliedschaften, wenn die Betroffenen diese aus Angst vor einer Ansteckung aktuell nicht mehr wahrnehmen möchten?
Im Normalfall werden die meisten Veranstalter versuchen, die Termine für ihre Veranstaltungen zu verschieben, anstatt diese direkt abzusagen. „In solchen Fällen behält das bereits gekaufte Ticket seine Gültigkeit für die später stattfindende Veranstaltung“, erklärt Markus Zöller, Rechtsanwalt und Fachanwalt aus Münster. Sollte kein Nachholtermin vom Veranstalter angeboten werden oder möglich sein, stellt eine Rückerstattung des Ticketpreises in der Regel kein Problem dar. Grundsätzlich trägt nämlich der Veranstalter das Risiko für abgesagte Veranstaltungen, so auch wenn beispielsweise die angemietete Location aufgrund einer Doppelbuchung nicht verwendet werden kann. In diesem Fall haben alle Kunden einen Schadensersatzanspruch auf Erstattung ihrer Tickets, die in diesem Fall ihre Gültigkeit vollständig verlieren würden. Anders verhält es sich jedoch, wenn die Veranstaltung aufgrund eines Gesundheitsproblems explizit behördlich untersagt wird. In diesem Fall wäre ggf. von “höherer Gewalt“ auszugehen, die zu einer begründeten Unzumutbarkeit der Durchführung der Veranstaltung führt, wonach Schadensersatzansprüche gegen den Veranstalter im Grundsatz ausgeschlossen wären.
Die allgemeine Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus stellt im Grundsatz ein externes Ereignis dar, das keinen betrieblichen Zusammenhang aufweist und auch nicht durch äußerste Sorgfalt abwendbar ist. In der Konsequenz kann der Veranstalter, der aufgrund einer Verwaltungsverfügung wegen des Corona-Virus seine Veranstaltung nicht durchführen kann, argumentieren, dass der hinter der Absage liegende Grund dann nicht mehr in seinen Verantwortungsbereich fallen würde, und er daher – wegen “höherer Gewalt“ – die Rückzahlung der Ticketpreise gegenüber den Kunden verweigern könne. Dies würde jedoch nur im Fall der vollständigen Absage des Events gelten. Ist es möglich, dieses zu verschieben, behalten die Tickets – wie oben dargestellt – ihre Gültigkeit. „Zu beachten ist schließlich, dass man sich freilich nicht darauf berufen kann, eine Veranstaltung aufgrund der Sorge, sich mit einer Krankheit zu infizieren, nicht wahrgenommen zu haben, um daraufhin die Kosten für den Ticketerwerb zurückerstattet zu bekommen“, erklärt Rechtsanwalt Markus Zöller.
Fußball und Geisterspiele
Ganz aktuell steht für viele Fußballbegeisterte die Frage im Raum, ob sie auf ihren Kosten sitzen bleiben, wenn die Vereine aufgrund behördlicher Verfügungen gezwungen sind, in sog. Geisterspielen unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu spielen. Eine klare Antwort auf die Frage gibt es bislang noch nicht. „Abhängig wird diese Frage aber ebenfalls davon sein, ob die Ausbreitung des Coronavirus in der Konsequenz als höhere Gewalt einzustufen ist“, erklärt Rechtsanwalt Zöller. „In diesem Fall wären Vereine im Grundsatz, wie gezeigt, nicht erstattungspflichtig. Anders sieht es hingegen aus, wenn die Maßnahmen offiziell als Prävention deklariert würden; wer in diesem Fall die Kosten auffangen müsste, ist derzeit jedoch umstritten“. Die Vereine handhaben es im Gros derzeit so, dass Dauerkartenbesitzer ihr Ticket für das jeweils als Geisterspiel ausgetragene Spiel anteilig (1:17) zurückerstattet bekommen. Auch Tageskarteninhaber können ihr Ticket stornieren. Wichtig ist zu beachten, dass die meisten Vereine hierzu relativ kurze Fristen (bspw. “10 Tage“) zur Geltendmachung der Stornierungswünsche gesetzt haben.
Reise- und Übernachtungskosten werden in diesem Rahmen selbstverständlich von den Veranstaltern und Vereinen nicht erstattet. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Deutsche Bahn derzeit angibt, dass Reisende mit einer Fahrkarte für den DB-Fernverkehr, bei denen der konkrete Reiseanlass aufgrund des Coronavirus entfällt (z. B. offizielle Absage der Messe, des Konzerts, Fußballspiels etc.), ihre Reise kostenfrei stornieren können. Bei den etwaig am Veranstaltungsort angemieteten Hotels stellt sich schließlich die Frage, ob für den gesamten Ort oder Kreis eine Quarantäne o.ä. behördlich ausgerufen worden ist. Sollte dies nicht der Fall sein, kann der Buchungspreis nur nach den vereinbarten Buchungsbedingungen ggf. zurückverlangt werden.
Wahrnehmung von Mitgliedschaften
Mitglieder in Sportvereinen oder Fitnessstudios, die einen laufenden Vertrag mit dem Anbieter haben, können aus reiner Angst vor einer Ansteckung mit Covid-19 nicht die bestehenden vertraglichen Bestimmungen aussetzen oder gar auflösen. „Hierbei ist man auf die Kulanz der jeweiligen Einrichtung angewiesen“, so Rechtsanwalt Zöller. „Anders verhält es sich allenfalls bei einer tatsächlichen Erkrankung. Diese muss jedoch die Teilnahme oder den Besuch der Einrichtung auf Dauer bzw. auf eine nicht absehbare Zeit unmöglich machen“. In solchen Fällen muss in der Regel über ein Attest der Nachweis erbracht werden, dass die Vertragskonditionen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr aufrechtzuerhalten sind und die ursprüngliche Geschäftsgrundlage daher nicht mehr vorliegt.
Soweit die juristische Lage. Manches davon hat sich durch die von den Behörden verfügten Einschränkungen schon etwas überholt. Und inzwischen werden auf Facebook & Co. immer häufiger Aufrufe verbreitet, sich mit den Veranstaltern aus Sport und Kultur zu solidarisieren, die durch die Ausfälle der kommenden Wochen sicher stark gebeutelt werden. Bereits erworbene Tickets sollen nicht zurückgegeben werden, auch wenn die Show oder das Spiel nicht nachgeholt werden sollten, schlagen sie vor. Letzendlich muss wohl jeder von uns selbst entscheiden, ob er auf sein Recht pochen will oder nicht.
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