In den letzten Wochen haben immer mehr Menschen auf Münsters Domplatz an den sogenannten Montagsspaziergängen teilgenommen, um gegen aktuelle und geplante Maßnahmen zum Schutz vor Corona zu demonstrieren, vor allem gegen eine in letzter Zeit immer häufiger diskutierte Impfpflicht. Nun meldet die Gruppierung „Gemeinsam für Grundrechte“ auf ihren Kanälen, zunächst keine dieser Demos mehr anzumelden. Was aber nicht heißen muss, dass am Montag niemand in ihrem Sinne demonstriert.
Als Grund nennen die (dort namentlich nicht genannten) Administratoren der offenen Facebook-Seite „Gemeinsam für Grundrechte“ die ab dem 30.12.2021 gültige Version der Coronaschutzverordnung von NRW. Wörtlich schreiben sie: „Die neue CSchVO von NRW besagt wirklich, dass bei Versammlungen über 750 Menschen nicht nur Maskenpflicht und Mindestabstand einzuhalten wäre, sondern (passt auf!) auch 3G, da die Polizei davon ausgeht, dass wir den Mindestabstand nicht konsequent einhalten würden, bei unserer (beachtlichen!) Größenordnung, die wir erreicht haben.“ Tatsächlich dürfen laut § 4, Artikel 1a, der aktuellen Coronaschutzverordnung des Landes an Versammlungen „im öffentlichen Raum im Freien bei gleichzeitig mehr als 750 Teilnehmenden“ wenigstens bis zum 14. Januar nur noch „von immunisierten oder getesteten Personen in Anspruch genommen, besucht oder als Teilnehmenden ausgeübt werden“. Eine Ausnahme gilt nur für „Versammlungen, bei denen voraussichtlich die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern sichergestellt ist“.
„Wir werden niemanden auf unseren Demonstrationen auf einen 3G Nachweis überprüfen. Das hat nichts mit Versammlungsfreiheit zu tun!“ heißt es weiter in der Mitteilung der Impfskeptiker-Gruppe, die mit Slogans wie „Für eine freie Impfentscheidung“ und „Geimpfte und Ungeimpfte für die Freiheit“ für sich wirbt. Und sie fügen hinzu: „Was du in deiner Freizeit unternimmst, unterliegt deiner eigenen Verantwortung. Es gibt andere Formen, seinem Protest wirksam Ausdruck zu verleihen. Sorge gut für dich, z. B. mit Bewegung für dein Immunsystem“. Das lässt sich auch mit ungeübtem Auge leicht als Aufruf zu einer nicht angemeldeten Demonstration erkennen.
Beim letzten Montagsspaziergang kurz nach Weihnachten hatte Organisator Björn Wegner Tipps für den Widerstand nach Inkrafttreten der neuen Coronaschutzverordnung gegeben. „Es gibt den Artikel mit dem schönen Abschnitt 4, das ist euer Widerstandsrecht. Den könnt ihr euch gerne nochmal zu Gemüte führen, vielmehr möchte ich an dieser Stelle gar nicht sagen. Was sich in der Vergangenheit bewährt hat, ist, selbstbestimmt und friedlich zu bleiben und sich dieses Recht nicht nehmen zu lassen.“ Hier meint Wegner Artikel 20, Absatz 4 des Grundgesetzes, dieser rechtfertigt aber nicht den Zivilen Ungehorsam (vgl. https://www.bundestag.de). Außerdem, so Wegner, habe es sich bewährt, sogenannte Bezugsgruppen zu bilden. „Da tut man sich mit drei bis fünf Menschen, die man sehr gut kennt, zusammen und bleibt auch dementsprechend zusammen und agiert zusammen, damit man nach Möglichkeit nicht alleine ist bei dieser Art von Protest. Ich denke, ihr wisst alle, was ich meine. Tragt es weiter!“ Es bleibt abzuwarten, wie viele dieser „Bezugsgruppen“ am Montag auf dem Domplatz aufeinandertreffen werden.
Auch in den einschlägigen Telegram-Gruppen motiviert man sich weiter zum Protest und stachelt sich gegenseitig an. „Anmeldungspflicht ist die Strategie des totalitären Regimes sich vor unliebsamen Volksbekundungen zu schützen!“ Auch gegen weitere Maßnahmen, wie das offenbar nicht bis zum Ende gelesene „Böllerverbot“ der Stadt Münster, wird hier übrigens gewettert: „Seit ca. 16 Uhr wird hier in Kinderhaus um den Sprickmannplatz herum geknallt und gebollert wie sonst auch“, echauffiert sich eine Nutzerin. „Weit und breit keine Polizei. Soviel zur Kontrolle von Vorschriften.“ Hier hat sie wohl überlesen, dass die Auflage nur in der Zeit zwischen 23:00 Uhr und 8:00 Uhr gilt. Ein anderer User, dessen Gesinnung wohl kein Geheimnis bleiben soll, verabschiedet sich in den Silvesterabend: „So, jetzt Kartoffelsalat und deutsche Würstchen, kein Dürüm oder Köfte!“.
Solche Äußerungen überraschen nicht jeden, denn diese sogenannten Montagsspaziergänge sind nicht nur wegen ihrer ablehnenden Haltung zu den von den meisten Bürgerinnen und Bürgern akzeptierten Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie umstritten, sondern auch weil sie sich zu wenig von politisch sehr zweifelhaften, sehr weit rechts stehenden Personen und Standpunkten distanziert. Daher hatte das Bündnis „Keinen Meter den Nazis“ vor einigen Wochen zum Protest aufgerufen, der nun montagabends auf dem Prinzipalmarkt stattfindet.
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